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Berufskrankheit aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Eine Berufskrankheit ist eine Krankheit, die durch die berufliche (versicherte) Tätigkeit verursacht worden ist und nach dem jeweils geltenden Recht auch formal als Berufskrankheit anerkannt ist. Typische Berufskrankheiten sind Lärmschwerhörigkeit, Hautkrankheiten, Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats sowie Erkrankungen durch anorganische Stäube (Asbestose und Silikose).

Mehr als zwanzigtausend Menschen erkranken jährlich in den deutschsprachigen Staaten an Berufskrankheiten. Sie werden von den Unfallversicherungsträgern medizinisch rehabilitiert und finanziell entschädigt

Allgemeines

Beruflich bedingte Erkrankungen sind seit dem Altertum bekannt. Seeleute litten unter der Vitaminmangelkrankheit Skorbut, Arbeiter im Bergbau starben an der Staublungenkrankheit (Silikose).

Häufig war allerdings der Zusammenhang zwischen Arbeit und Krankheit nicht offensichtlich. Viele Berufskrankheiten entstehen allmählich in lang andauernden, chronischen Prozessen und beruhen auf vielfältigen, teilweise unbekannten Ursachen. Neben beruflichen Einwirkungen spielen auch die individuelle Lebensführung, die persönliche Konstitution und Disposition und das Zusammenwirken von beruflichen und nichtberuflichen Faktoren eine Rolle. Bei mehreren konkurrierenden Ursachen kommt es entscheidend darauf an, welche Ursache aus juristischer Sicht wesentlich zur Erkrankung beigetragen hat (so genannte Theorie von der wesentlichen Bedingung). Grund hierfür ist die Ausgestaltung des Unfallversicherungsrechts als sog. kausales Sicherungssystem, bei dem -- im Gegensatz zu den "finalen" Sicherungssystemen -- nur solche Gesundheitsschäden entschädigt werden sollen, die auf eine bestimmte Ursache -- hier: eine Berufskrankheit -- zurückgehen.

Bei einigen Krankheiten liegen zwischen der schädigenden Einwirkung und dem Krankheitsausbruch Latenzzeiten von mehreren Jahrzehnten. So beträgt die mittlere Latenzzeit bei asbestbedingten Erkrankungen 38 Jahre.Menschen, die in den 1950er Jahren mit Asbest gearbeitet haben, erkrankten in den 1990er Jahren. Nach einer derart langen Zeit ist es meist schwierig, den Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Erkrankung nachzuweisen. Zwar ermittelt der Unfallversicherungsträger ebenso wie das Sozialgericht den Sachverhalt von Amts wegen (§§ 20 SGB X; 103 SGG). Dabei muss aber der Betroffene mitwirken, so dass man sagen kann, die Beweislast liege zumindest faktisch beim Erkrankten. Je nach Rechtsordnung werden ihm jedoch Beweiserleichterungen eingeräumt oder bestimmte Kausalzusammenhänge von Rechts wegen vermutet. Gerade bei Erkrankungen, die mehrere (mögliche) Ursachen haben, können die Betroffenen aber leicht in Beweisnot geraten.

Die medizinisch-naturwissenschaftliche Komplexität der beruflich bedingten Erkrankungen ist die Hauptursache dafür, dass viele dieser Erkrankungen lange Zeit im Schatten der Arbeitsunfälle standen (früher sprach man übrigens -- wie heute noch in der Schweiz -- von Betriebsunfällen). Erst im 20. Jahrhundert setzte sich allgemein die Erkenntnis durch, dass beruflich bedingte Krankheiten keine persönliche Schicksalsschläge sind, sondern ebenso wie die Arbeitsunfälle Ergebnis einer besonderen, von der Arbeit ausgehenden Gefährdung. Die beruflich bedingten Erkrankungen stellen heute ein Forschungsgebiet der Arbeitsmedizin dar.

„Berufskrankheit“ ist ein Rechtsbegriff, kein medizinischer Terminus. Eine Erkrankung, die nach medizinisch-naturwissenschaftlichen Erkenntnissen beruflich bedingt ist, ist nicht zwangsläufig zugleich eine Berufskrankheit. Vielmehr muss das Krankheitsbild auch von der jeweiligen Rechtsordnung als Berufskrankheit anerkannt sein. Die Unterscheidung ist bedeutsam, da anerkannte Berufskrankheiten in Deutschland, Österreich, der Schweiz und anderen Staaten durch die Sozialversicherung finanziell entschädigt werden. In den deutschsprachigen Ländern ist die Berufskrankheit neben dem Arbeits- beziehungsweise Berufsunfall einer der Versicherungsfälle in der gesetzlichen Unfallversicherung.In Deutschland, Österreich und die Schweiz gilt das so genannte Listenprinzip: Die anerkannten Berufskrankheiten sind abschließend in einer amtlichen Liste aufgezählt, in Deutschland der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). Krankheiten, die nicht in der Liste geführt werden, gelten – von Ausnahmen abgesehen (sog. "Wie Berufskrankheit, s.u.) – nicht als Berufskrankheiten. Auch die meisten EG-Mitgliedstaaten arbeiten nach diesem Grundsatz. Das Bundesverfassungsgericht hat es als verfassungsmäßig befunden, dass durch dieses Enumerationsprinzip Lücken im Schutz vor Berufskrankheiten bestehen bleiben.

Systematik

Eine Krankheit gilt nur dann als Berufskrankheit, wenn sie ihre Ursache in der beruflichen Tätigkeit des Erkrankten hat. Deshalb werden Berufskrankheiten meist nicht nach ihren Auswirkungen, sondern nach ihren Ursachen systematisiert. Unterschieden werden· Krankheiten, die durch chemische Einwirkungen verursacht werden, zum Beispiel

Hauterkrankungen und Erkrankungen durch Metalle und Halbmetalle, Lösungsmittel und Pestizide.

- Krankheiten, die durch physikalische Einwirkungen verursacht werden, beispielsweise Wirbelsäulenerkrankungen durch Heben oder Tragen schwerer Lasten, Lärmschwerhörigkeit, Erkrankungen durch Vibrationen, Druckluft oder durch Strahlung (Schneeberger Krankheit)

- durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten

- Tropenkrankheiten, beispielsweise Malaria

- Erkrankungen durch anorganische Stäube, dazu gehören durch
- Asbestfasern verursachte Krankheiten und die Silikose

- Erkrankungen durch organische Stäube

Deutschland

Berufskrankheit als Versicherungsfall

Das deutsche Recht definiert solche Krankheiten als Berufskrankheiten, die Versicherte infolge einer versicherten Tätigkeit erleiden. Die einzelnen Krankheiten sind in einer Rechtsverordnung der Bundesregierung, der Berufskrankheiten-Verordnung, aufgezählt. In die Verordnung werden nur solche Krankheiten aufgenommen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höheren Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Diese Einschränkung dient dazu, die Berufskrankheiten von den so genannten Volkskrankheiten abzugrenzen, welche jedermann unabhängig von der jeweiligen Tätigkeit treffen können. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt Merkblätter für die ärztliche Untersuchung bei Berufskrankheiten heraus, in denen Gefahrenquellen, Krankheitsbilder und Diagnosen beschrieben werden.

Anerkannte Berufskrankheiten sind Versicherungsfälle im Sinne des Unfallversicherungsrechts. Sie werden also grundsätzlich ebenso wie Arbeitsunfälle entschädigt. Rechtsgrundlagen sind das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) und die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vom 31. Oktober 1997. Zuständig sind die Unfallversicherungsträger, also die Berufsgenossenschaften und die Unfallkassen.

In Deutschland sind Ärzte und Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, mögliche Berufskrankheiten an die Berufsgenossenschaft oder die Unfallkasse zu melden. Dazu werden standardisierte Formulare verwendet. Betroffene können sich auch direkt an die Unfallversicherungsträger wenden, wenn sie meinen, an einer Berufskrankheit zu leiden.

Beschränkung auf bestimmte Gefährdungsbereiche; Unterlassungszwang

Einige Krankheiten gelten rechtlich erst dann als Berufskrankheiten, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. Dazu gehören beispielsweise Infektionskrankheiten. Diese werden grundsätzlich nur dann als Berufskrankheiten anerkannt, wenn der erkrankte Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig war.

Bei anderen Krankheiten muss der Erkrankte alle Tätigkeiten unterlassen, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Übt er die Tätigkeit trotz der Krankheit weiter aus, liegt rechtlich keine Berufskrankheit vor. Zu diesen Berufskrankheiten mit „Unterlassungszwang“ gehören schwere Hautkrankheiten. und bestimmte obstruktive Atemwegserkrankungen.

„Wie-Berufskrankheiten“

Nach deutschem Recht kann eine Krankheit, die nicht in die Berufskrankheiten-Verordnung genannt ist oder bei der die in der Verordnung genannten Voraussetzungen nicht vorliegen, vom Unfallversicherungsträger wie eine Berufskrankheit anerkannt werden. Dies setzt voraus, dass die Krankheit nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Krankheiten, die wie eine Berufskrankheit anerkannt werden, obwohl sie formalrechtlich keine sind, werden als Wie- oder Quasi-Berufskrankheiten bezeichnet.

Diese Regelung zu den Wie-Berufskrankheiten soll den Nachteilen des sonst geltenden Listenprinzips entgegenwirken. Durch sie sollen solche Krankheiten wie eine Berufskrankheit entschädigt werden, die nur deshalb nicht in die Berufskrankheitenliste aufgenommen worden sind, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen in ihrer Arbeit bei der letzten Fassung der Liste noch nicht vorhanden waren oder trotz Nachprüfung noch nicht ausreichten. Die Entscheidung, ob eine Erkrankung im Einzelfall einer Berufskrankheit gleichzustellen ist, trifft der jeweils zuständige Unfallversicherungsträger. Sie ist gerichtlich voll nachprüfbar.

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