Asthma bronchiale aus Wikipedia, der freien Enzeklopedie
(von griechisch „Atemnot“, oft auch vereinfachend nur Asthma
genannt),
ist eine chronische, entzündliche Erkrankung der Atemwege mit dauerhaft bestehender Überempfindlichkeit. Bei entsprechend veranlagten Personen
führt die Entzündung zu anfallsweiser Luftnot infolge einer Verengung der Atemwege (Bronchialobstruktion, so die Definition des international consensus report).
Diese Atemwegsverengung wird durch vermehrte Sekretion von Schleim, Verkrampfung der Bronchialmuskulatur und Bildung von Ödemen der Bronchialschleimhaut
verursacht, sie ist durch Behandlung rückbildungsfähig (reversibel). Eine Vielzahl von Reizen verursacht die Zunahme der Empfindlichkeit der Atemwege (bronchiale Hyperreaktivität oder auch Hyperreagibilität und die damit verbundene Entzündung. Fünf Prozent der Erwachsenen und sieben bis zehn Prozent der Kinder leiden an Asthma bronchiale.
Epidemiologie
Asthma bronchiale beginnt in der Regel schon im Kindesalter und ist die häufigste chronische Erkrankung
dieses Lebensabschnitts. Zum Vorkommen (Prävalenz) des Asthma bronchiale in Deutschland gibt es unterschiedliche Aussagen. Etwa fünf Prozent der Erwachsenen und
bis zu zehn Prozent der Kinder sind betroffen. Die Zahl der asthmabedingten Todesfälle in Deutschland beträgt etwa 5000 pro Jahr. Frauen erkranken häufiger an
Asthma als Männer.
Hinsichtlich der Prävalenz in Europa kann Asthma auch als „britische
Krankheit“ bezeichnet werden, da die Prävalenz weder auf besonders industrialisierte noch auf besonders arme noch auf besonders schadstoffbelastete noch auf
besonders rauchfreudige Gegenden einen Einfluss hat: Der westeuropäische Durchschnitt von Erwachsenen mit klinischem Asthma beträgt 5,9 %. Die Weltrangliste führt
Schottland mit 18,4 Prozent an. Weitere Gegenden: England 15,3 %, Australien 14,7 %, USA 10,9 %, Deutschland 6,9 %, Hong-Kong 6,2%, Österreich 5,8%, Schweiz 2,3 %,
Russland 2,2 %, China 2,1%, Griechenland 1,9%, Indonesien 1,1% und Macau 0,7%.
Ursachen (Ätiologie) der verschiedenen Formen
Man unterscheidet das allergische (extrinsische) Asthma vom nicht-allergischen (intrinsischen) Asthma.
In Reinform kommen diese jedoch nur bei etwa zehn Prozent der Patienten vor, bei der Mehrheit werden Mischformen beobachtet. Während bei Kindern das allergische
Asthma häufiger ist, tritt im Alter gehäuft die nicht-allergische Form auf. Zigarettenrauch in der elterlichen Wohnung begünstigt Asthma. Es gibt auch Hinweise,
dass kulturelle und zivilisatorische Umstände, wie auch bestimmte Medikamentenanwendungen in früher Kindheit Asthma fördern.
Allergisches Asthma
Das allergische exogene Asthma wird bei entsprechender genetischer Veranlagung zur Atopie durch äußere Reize (Allergie auslösende Stoffe in der Umwelt, sogenannte Allergene) ausgelöst. Dabei werden Immunglobuline vom Typ E (IgE) gebildet, die in Wechselwirkung mit spezifischen Allergenen die Ausschüttung von allergieauslösenden Botenstoffen wie Histamin, Leukotrienen und Bradykininen aus Mastzellen bewirken. Diese Stoffe lösen dann die Atemwegsverengung aus. Neben dieser Sofortreaktion vom Typ I nach Einatmen des Allergens kann es nach 6 bis 12 Stunden zu einer Spätreaktion kommen; diese wird über Immunglobuline vom Typ G (IgG) ausgelöst. Oft treten beide Reaktionen auf (englisch dual reaction).
Für
eine polygen vererbte Anlage spricht die Beobachtung, dass Kinder von Eltern, die beide an allergischem Asthma leiden, ein Erkrankungsrisiko von 60−-80 %
haben. Auf der Insel Tristan da Cunha leidet die Hälfte der Einwohner an Asthma infolge familiärer Vererbung. Heuschnupfen (saisonale allergische Rhinitis), der
wie das Asthma eine allergisch bedingte entzündliche Erkrankung der Schleimhaut des Nasen-Rachen-Raums ist, kann auf die unteren Atemwege übergreifen und dort zu
Asthma führen („Etagenwechsel“). Fast ein Viertel dieser Patienten entwickelt dadurch nach mehr als 10 Jahren ein Pollenasthma. Zudem steht am Anfang meist
ein bestimmtes Allergen im Mittelpunkt; über die Jahre kommt es jedoch oft zur Ausweitung des Auslöserspektrums, so dass die Allergenvermeidung für den Patienten
immer schwieriger oder sogar unmöglich wird.
Nicht-allergisches Asthma
Das nicht-allergische endogene Asthma kann hingegen durch andere Reize verursacht werden: Infektionen, meist der Atemwege, Medikamentenunverträglichkeiten - sog. Analgetika-Asthma (eine pseudoallergische Reaktion auf Schmerzmittel, meist nichtsteroidale Antiphlogistika wie Acetylsalicylsäure), Einwirkung von giftigen (toxischen) oder irritierenden Stoffen (Lösungsmittel, Weichmacher, kalte Luft, Zusatzstoffe und anderem), besondere körperliche Anstrengung sowie die Refluxerkrankung (Rückfluss von Magensäure) sind mögliche Ursachen dieser Form. Manche Zusammenhänge und weitere Ursachen sind derzeit noch nicht geklärt.
Asthma durch Histamin-Intoleranz (selten)
Die Histamin-Intoleranz, welche bei entsprechenden Beschwerden oft einen zu
hohen Wert von Histamin im Blut oder einen zu niedrigen Wert der Diaminooxidase im Blut zeigt, kann auch zu einem schweren Asthma Bronchiale führen. Ursache ist
hier keine allergische Reaktion, sondern die Aufnahme von Histamin aus der Nahrung und die mangelnde Fähigkeit des Körpers, das Histamin schnell genug
abzubauen.
Pathogenese
Für die Krankheitsentstehung (Pathogenese) sind drei pathophysiologische Abläufe charakteristisch:
Entzündung der
Bronchien
Allergene oder andere Reize lösen eine Entzündungsreaktion der Bronchialschleimhaut aus. Diese hat zentrale Bedeutung beim Asthma. Neben
Mastzellen und deren ausgeschütteten Botenstoffen (Entzündungsmediatoren, siehe oben) spielen eosinophile Granulozyten und T-Lymphozyten dabei eine wichtige
Rolle.
Bronchiale Hyperreaktivität
Bei den meisten Asthmatikern lässt sich eine unspezifische bronchiale Hyperreaktivität (allgemeine
Atemwegsüberempfindlichkeit gegen Reize) nachweisen. Die Hyperreaktivität lässt sich oft objektivieren durch Inhalation von Reizsubstanzen, z. B. beim
Methacholintest, Histamintest oder bei Belastungen wie dem Renntest (über Anstrengung und die Auskühlung der Bronchien beim Rennen, vor allem bei Kindern) oder
durch Kaltluftprovokation.
Mangelnde bronchiale Reinigung (Clearance)
Die Obstruktion ist die Verlegung des Lumens der Atemwege (Verkleinerung des
verfügbaren Querschnitts) infolge von Schleimhautödemen (Flüssigkeitseinlagerung in die Schleimhaut), von vermehrter bzw. gestörter Schleimsekretion (Hyperkrinie
bzw. Dyskrinie) und von Bronchospasmen (Verkrampfung der glatten Muskulatur der Bronchien). Dadurch kommt die Selbstreinigung der Lunge zum Erliegen: Das Sekret
kann nicht abfließen und verstärkt seinerseits die Schädigung bis hin zur vollständigen Verlegung, den sogenannten Bronchialausgüssen.
Symptome
Bei
einem Asthmaanfall kommt es zu akut auftretender Luftnot (Dyspnoe) bei erschwerter Ein-, vor allem aber Ausatmung mit pfeifenden Atemgeräuschen
(exspiratorischer Stridor), teilweise tritt Husten auf, auch in Form von Hustenanfällen. Bei Kindern ist Husten in der Regel das führende Symptom, daher wird hier
die Diagnose „Asthma“ oft erst spät gestellt. Das erschwerte Atmen und die Luftnot können zu Angstgefühlen mit Unruhe und Sprechschwierigkeiten führen.
Charakteristisch für Asthma ist das Fehlen von Symptomen im beschwerdefreien Intervall.
Diagnose
Die Diagnose ist durch Anamnese und bei typischen
Hauptsymptomen oft leicht zu stellen.
Bei der Diagnose hilft eine Lungenfunktionsprüfung (Spirometrie) weiter, bei der unter anderem
- das
Gesamtvolumen der ein- und ausgeatmeten Luft (Vitalkapazität, VK) und
- das in einer Sekunde bei forcierter Ausatmung ausgeatmete Volumen
(Einsekundenkapazität, FEV1) bestimmt wird.
Aus dem Verhältnis von Einsekundenkapazität zur Vitalkapazität wird die relative Sekundenkapazität
(FEV1 in % der VK) errechnet, die als Maß für die Einengung der Atemwege herangezogen wird.
Durch spezialisierte Ärzte kann der Atemwegswiderstand und das Ausmaß der Lungenüberblähung, beides wichtige Kriterien für Asthma, mit der Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie) bestimmt werden.
Peak-Flow-Meter
Zur Diagnose und Therapieüberwachung dient auch der PEF-Wert (
peak expiratory flow). Dies ist der Maximalwert des Luftflussvolumens (Durchfluss) beim Ausatmen. Er dient als Indikator für den freien
Querschnitt in der Luftröhre beim Ausatmen. Dieser Wert sinkt meist schon vor einem Asthmaanfall. Er wird mit einem „Peak-Flow-Meter“ gemessen, welches in
verschiedenen altersangepassten Bauformen erhältlich ist. Typische Röntgen Befunde für Asthma gibt es eigentlich nicht. Eine vermehrte Strahlentransparenz der
Lunge, schmale Herzsilhouette, tiefstehende Zwerchfelle und Veränderungen des EKGs treten eher bei einer COPD auf.
Wichtig bei der Diagnose des Asthma
bronchiale ist es zu erkennen, ob eine allergische Empfindlichkeit gegen ein oder verschiedene Allergene der Umgebung als Auslöser verantwortlich ist. Hierzu
bedient man sich verschiedener Allergietests. Bei allergisch bedingtem Asthma kann sich bei der Blutuntersuchung eine Erhöhung der allergietypischen, spezifischen
IgE (Immunglobuline) und/oder eine Eosinophilie finden.
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